Es ist 8.15 Uhr, mein Telefon klingelt aufgeregt und ich hebe, noch etwas verschlafen, ab. Eine energische Frauenstimme erkundigt sich, wann ich ihr nächstmöglich einen Termin für eine NLP-Sitzung geben könnte "sie brauchte Hilfe. Die sonst übliche Frage nach dem Preis kommt gar nicht erst und meiner Frage nach ihrem Problem weicht sie glatt aus. Darüber möchte sie mit mir persön-lich reden. Und sie könne aus beruflichen Gründen nur vormittags. Ich biete ihr am nächsten Tag einen Termin um 11.00 Uhr an.
Einen Tag später - es ist 11.20 Uhr - und ich schaue etwas verärgert aus dem Fenster, als ein Taxi vorfährt. Die Fahrgasttür öffnet sich und eine große, schlanke, attraktive Frau, ganz in schwarz inklusive langer schwarzer Haare steigt aus. Ich halte die Luft an, während sie mit energischen Schritten auf mein Haus zugeht. Auf das Problem bin ich gespannt.

Es klingelt, ich öffne, und neugierig mustert ein jeder den anderen. Ich bitte sie herein und weise auf meinen „Klientensessel". „Ich möchte gerne hier sitzen", sagt sie und zeigt auf meinen Platz, und bevor ich etwas sagen kann, sitzt sie bereits. „Na bravo! Das fangt ja gut an", denke ich und betrachte sie genauer, während sie sich in meinem Zimmer umsieht, das ihr nicht sehr zu im-ponieren scheint. Sie hat wohl etwas anderes erwartet und so frage ich sie direkt, wie sie sich fühlt. Statt zu antworten, fragt sie: „Kann ich hier rauchen?"- „Sorry, das ist weder hier noch in einer Sitzung üblich", ist meine klare Antwort, woraufhin sie ihre bereits gezückte Zigarettenschachtel wegsteckt und mich von oben bis unten anschaut. Mir wird leicht kühl und ich ziehe meinen psychischen Mantel etwas enger.

„Was kann ich für Sie tun? Was ist Ihr Problem?" Sie halt mir eine Hand hin und sagt: „Meine Hände zittern manchmal und mir wird öfters schwindlig. Können Sie das wegmachen? Mit diesem NLP kann man doch Symptome wegmachen, habe ich gehört. Stimmt das?" „Also, einfach so wegmachen sicherlich nicht. Ich kann Ihnen dabei helfen, das Symptom bzw. das Problem und dessen Ursache zu verstehen und es aufzulösen, loszulassen oder es zu transformieren. Aber da müs-sen Sie schon mit-machen. Ich alleine kann da nichts mit Ihnen machen bzw. einfach mal so etwas wegmachen, wie man eine Warze herausoperiert oder so."

„Schade! Ich dachte, NLP könnte mir helfen. Ansonsten habe ich mir mit schwarzer Magie immer selbst helfen kön-nen. Alkohol, Zigaretten - alles kein Problem gewesen. Ein paar Rituale, ein paar spezielle Sprüche und es war erledigt. Lediglich mit dem Rauchen ist es etwas schwieriger und noch nicht ganz erledigt. Überhaupt ist das mit der schwarzen Magie eine gute Sache. Von diesen Eso-Softies, diesen Weißmagiern und Lichtanbetern halte ich nicht viel. Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich mit Schwarzer Magie beschäftigt, denn der Teufel hat mich schon immer fasziniert. Ich bekomme im-mer, was ich will - immer! Aber das mit dem Schwindel und der zitternden Hand entzieht sich meiner Kontrolle und das kann ich nicht ausstehen."

„Das könnte ja unter Umständen mit Ihrer Vorliebe für Diabolisch-Schwarzmagisches zusammenhängen", wage ich anzudeuten. „Ein Zeichen, dass doch nicht alles kontrollierbar ist."
„Blödsinn. Es muss einen Weg geben, es loszu-werden."„Was machen Sie denn beruflich?", frage ich ganz naiv. „Ich bin Prostituierte aus Überzeugung und weil es mir Spaß macht." „Spaß? Und was ist mit der Kontrolle?" „Ja, die Männer, die zu mir kommen, sind klar, in dem, was sie wollen - und berechenbar. Ich mache mit Ihnen, was ich will." Mein Blick fällt auf ihre tadellose Figur - und ich glaube ihr jedes Wort.

Ich schätze sie auf Ende 20, wahrend ihr kur-zer Rock beim Überschlagen der schlanken Beine tiefe Einblicke gewährt. „Ich glaube, dass die Hälfte meiner Kolleginnen ihre Arbeit gerne machen. Warum auch nicht? Lediglich diese Zuhälter gehören auf den Mars geschossen. Aber selbst dran schuld, wer für einen arbeitet. Es ist mir immer wieder ein Vergnügen, Kolleginnen bei ihren Problemen mit Loddels zu helfen. Ich bin in der Szene dafür bekannt, saubere Arbeit zu leisten. Hier kann ich mit schwarzer Magie jedes Problem lösen." Jedes?", frage ich neugierig. „Jedes", kommt es messerscharf zurück. „Wer es mit mir aufnehmen will, der muss erst noch geboren werden. Voodoo ist eine sehr effektive Methode, unerwünschte Leute loszuwerden. Wenn Sie mal Hilfe brauchen..."

„Ich glaube, das ist nicht so mein Weg. Danke für das Angebot Aber was machen wir mit Ihrem Problem?", frage ich selbstbewußt, während ein anderer Teil in mir langsam etwas nervös wird. NLP kontra Schwarze Magie? Oder NLP mit einer Schwarzmagierin, die den Satan liebt? Jetzt würde ich gerne Erickson oder Bandler live erleben. Was für ein Fall, was für eine Welt - aber nicht unbedingt meine, Was, wenn ich versage, ihr Zittern zu - statt abnimmt? Verhext sie mich dann in einen brabbelnden Vollidioten? Mein nüchterner Teil meldet sich zurück und übernimmt das weitere Gespräch. „Wir können es gerne versuchen, aber, um ehrlich zu sein: ich glaube nicht, dass NLP die richtige Methode in Ihrem Fall ist und, um ehrlich zu sein: ich glaube auch nicht, dass ich Ihnen helfen kann." „Schade! Na, dann halt nicht. Was bin ich Ihnen schuldig?"

„Nichts. Es war mir ein interessantes Vergnügen und außerdem konnte ich ja nichts für Sie tun." „Nein, das will ich nicht. Hier sind 50,- Euro." „Nein, ich schenke es Ihnen", erwidert mein misstrauischer Teil. Vielleicht ist ihr Schein ja irgendwie besprochen. „Ich bestehe aber darauf." Sie steht demonstrativ auf und verlangt, dass ich ein Taxi rufe. Zehn Minuten später ist der Spuk vorbei. Den Schein trage ich im Anschluss gleich in den Laden um die Ecke. Man weiß ja nie.