HOME

TEXTARCHIV

E-MAIL

BILDARCHIV

Von Magiern und Geistheilern

Was Magie so magisch macht

Auch wenn es nicht so ganz in unsere wissenschaftlich aufgeklärte Welt zu passen scheint: man kann es einfach schwer verleugnen: Magie, Geistheilung und Paranormales sind entgegen aller Versuche, sie wegzuironisieren und wegzurationalisieren, weiter auf dem Vormarsch. Das zeigt der seit Jahren ungebrochene Boom im Buchmarkt, die wachsende Zahl der esoterischen Buchläden und die steigende Zahl der Wundersucher und Wundergläubigen bzw. Anbieter. Auch die zahllosen Offerten in einschlägigen Zeitungen sprechen Bände: Magier, die Hilfe bei Problemen aller Art, Heilungs- und Schutzmagie, Voodoo und Liebeszauber, Hellsehen und Kartenlegen, Partnerzusammenführungen und -Trennungen, Geistheilung und Fernbehandlungen anbieten. Selbst die einfache Einteilung in schwarze und weiße Magie reicht heute nicht mehr. Nunmehr gibt es auch schon rote und grüne Magie. Wer blickt da noch durch? Hokuspokus fidibus - dreimal schwarzer Kater. Warum glauben die Menschen heutzutage noch oder wieder an so etwas?

Macht man die Probe aufs Exempel und ruft bei einigen der Anbieter magischer Künste an, erhält man eindeutige Angebote. Zum Beispiel bei finanziellem Verlust durch Betrug das Angebot: Zufügung von finanziellen Schwierigkeiten dem "Betrüger" (für die Genugtuung). Kostenpunkt DM 950,- (Arbeitsaufwand des Magiers 6 Wochen telepathisch-rituelle Beeinflussung jeden zweiten bis dritten Tag). Und bei eine Freundin, die fremdgegangen ist: Beeinflussung der Freundin dahingehend, daß sie nicht mehr an so etwas denkt. Kostenpunkt: DM 500,- plus gesundheitliche Schädigung des Veführers durch Unfall oder Krankheit ebenfalls für DM 500,-. Über das genaue WIE der "Behandlung" werden nur Andeutungen gemacht. Immerhin verrät eine Magierin, daß sie die Opfer, von denen sie ein Bild braucht, nachts telepathisch beeinflußt. "Am besten so gegen 4.00 Uhr nachts, wenn das Opfer fest schlummert und wehrlost ist."

Das erschüttert. Nicht nur mit welcher Selbstverständlichkeit die Machbarkeit suggeriert und vorausgesetzt wird, sondern, mit welcher Leichtigkeit okkulte Gewalt angeboten wird. Das wäre das perfekte Verbrechen (Rache), das sich jedem weltlichen Gesetz entzieht - vorausgesetzt, es funktioniert! Aber kann denn so etwas funktionieren? Der aufgeklärte Geist sagt nein, der Psychologe sagt "unter Umständen" und der Esoteriker hält alles für möglich.

Lassen wir mal den Psychologen sprechen. Aus seiner Sicht spielen bei all diesen Praktiken mindestens drei Aspekte eine wesentliche Rolle. 1. Der Glaube und die Authorität desjenigen, der es ausübt. 2. Der Glaube desjenigen, den es betrifft (der Auftraggeber). 3. Das Phänomen der selektiven Wahrnehmung.

Die psychischen Aspekten sollen mindestens 80 % aus-machen, bei vielen Hellsehern, Heilern und selbsternannten Magiern sogar bis zu 100 %.

C.G. Jung hat einmal gesagt: "Magisch ist nur ein anderes Wort für psychisch." Das heißt, die Kunst der Magie ist in erster Linie das Wissen um die Kräfte des menschlichen Bewußtseins und deren bewußte Anwendung bzw. Beeinflussung. (Sogesehen sind Werbefachleute auch Magier)

Da reicht es oft schon, jemandem mit voller Überzeugung zu sagen: "Das wird Dir helfen!" oder "Du kannst das" oder "Das wird so passieren", um einen sich selbst verwirklichenden Prozeß in Gang zu setzen. Egal, ob es ein Elternteil, ein Arzt, ein Heiler, ein Magier oder eine sonstige Authorität sagt: Die Überzeugungskraft und der Glaube sind bereits mehr als die halbe Miete. Das hat der vielfach untersuchte und unliebsame "Placebo-Effekt" genauso gezeigt wie Jesus, der sagt: "Stehe auf, Dein Glaube hat Dir geholfen".

(Dieser Glaube und die Über-zeugung machen auch vor Pflanzen und Tieren nicht Halt. So hat ein Experiment mit Studenten bewiesen, daß ein Vorurteil, also ein Glaube, bei einem neutralen Versuch mit Ratten, die eine Aufgabe erledigen sollten, das Ergebnis signifikant beeinflußte. Der einen Gruppe wurde gesagt, die Ratten seien besonders dumm, den anderen, die Ratten seien besonders intelligent. Raten Sie einmal, welche Ratten-Gruppe besser abschnitt. Dieses Beispiel zeigt auch, daß negativer Glaube entsprechend behindert. Die Aussage: "Du kannst das eh´nicht" ist ein genauso magischer Spruch wie der Fluch: "Dir wird etwas Schlimmes passieren". Egal, ob er von außen oder von innen kommt, hat er seine fatale Wirkung, so lange der Glaube an die Autorität des Bannsprechenden nicht in Frage gestellt wird. Die am leichtesten zu beeinflussenden Opfer von Magiern sind daher die, die Angst haben. Angst ist der beste Nährboden für Phantasie und Phantasie ist die treibende Kraft für alles mögliche.

Das geht so weit, daß Leute etwas nicht sehen, was da ist (z.B. jemand, der ihnen helfen will) oder etwas sehen, was nicht da ist, weil es ihnen suggeriert wurde und ihre Wahrnehmung dementsprechend selektiv funktioniert. Während ihnen vorher z.B. Männer mit schwarzen Aktenkoffern nie aufgefallen sind, wird bei einer Suggestion: "Ein Mann mit einem schwarzen Koffer wird ihnen Schaden zufügen" die selektive Wahrnehmung aktiviert und sie werden plötzlich unverhältnismäßig viele Männer mit schwarzen Koffern zu sehen glauben.

Die Hypnoseshows sind ein trauriges und die Geschichte von "Des Kaisers neue Kleider" ein anschauliches Beispiel. Der Magier oder Hypnotiseur (die in mancher Hinsicht Gemeinsamkeiten haben) sind beide in der Lage, entweder etwas perfekt zu suggerieren und/oder einen unbewußten Prozeß zu initiieren, z.B. den der Selbstheilung durch Aktivierung des Immunsystems. Das bedeutet, sie geben bei entsprechender Glaubensbereitschaft den Anstoß und das Unterbewußtsein (was immer das auch ist) aktiviert oder entblockiert auf bisher unbekannte Weise das Immunsystem.

Ein wichtiger Aspekt aller magischen und geistheileri-schen Aktionen sind Fetische, Rituale und Beschwörungen. Sie sind Hilfsmittel, um die Glaubensbereitschaft oder Trance zu fördern. Dies dient dazu, die Tore zum Unterbewußtsein zu öffnen und die kritische Kontrollinstanz des Verstandes zu umgehen. So sind sie am offensten für alle Arten von Suggestionen.

Daher ist auch die Werbung, die beim Höhepunkt einer mit großer Spannung verfolgten Sendung einge-blendet wird, auch viel wirkungsvoller als außerhalb. Sie sind beim Betrachten eines Filmes mehr oder weniger in Trance und haben die Realität und auch einen Teil ihres Verstandes ausgeblendet und sind somit empfänglicher. Versuchen Sie es einmal, wenn Sie Kinder haben. Wenn sie mitten in einem spannenden Film völlig absorbiert, sprich: in Trance, sind, flüstern Sie ihnen einmal leise von links hinten zu: "Und nach dem Film wirst Du mit Freude in Dein Zimmer gehen und aufräumen". Jetzt werden Sie sicher wissen wollen, warum von links. Das linke Ohr steht in direkter Verbindung mit der rechten Gehirnhälfte, die assoziativ, intuitiv und emotional wahrnimmt und nicht rational logisch zensiert .

Aber abgesehen von diesen psychischen Komponenten gibt es noch die esoterischen Erklärungen, die in sich oft sehr widersprüchlich und abgehoben sind. Für Esoteriker ist alles Energie und Schwingung, worin ihnen Physiker auch durchaus rechtgeben, nur die Art, wie sie meinen per Ritual oder Gedankenkraft alles beeinflussen zu können, läßt den Wissenschaftler mitleidig bis amüsiert lächeln.

Aber gerade aus diesem Umfeld hat nun ein Stuttgarter Forscher und Physiker mittels EEG Dinge herausgefunden die auch einigen Dauerskeptikern zu denken geben dürften und Geistheilung in neuem Licht erscheinen läßt. Günther Haffelder, der Gründer und Leiter des "Institutes für Kommunikation und Gehirnforschung" in Stuttgart hat durch EEG-Studien an über hundert Heilern und unzähligen Menschen mit ungewöhnlichen geistigen Fähigkeiten (darunter russischen Psi-Experten, Schnelldenker und Zahlenakrobaten) die Beachtung von renommierten Instituten, Kliniken und Fakultäten auf sich gezogen.

Er behauptet (und belegt es auch), daß Heiler bestimmte Frequenzen in ihrem Gehirn erzeugen können, die sie in Resonanz mit den Gehirnwellen ihrer Patienten bringen. Das erstaunliche an dieser meist unbewußten Fähigkeit ist, daß Entfernung dabei keine Rolle spielt! Auch wenn Günther Haffelder dafür keine Erklärung hat, Tatsache ist, daß gute Heiler offensichtlich die Fähigkeit haben mental die Krankheitsmatrix ihrer Patienten abzufragen, denn wenn der Heiler diesen gedanklich erreicht, in dem er sich auf ihn konzentriert, verändert sich schlagartig dessen EEG und dann erscheint das gleiche Muster auf dem Monitor im Kontrollraum des Heilers. Mit dieser Matrix "arbeitet" der Heiler dann, gleicht fehlende Amplituden aus, vergrößert oder verkleinert sie. Dabei hat Haffelder festgestellt, daß der Kommunikationskanal immer im Bereich der Deltawellen liegt, also der Wellenlängen in der das Gehirn im meditativ, entspannten Zustand schwingt. Das zugrundeliegende Prinzip scheint der Anstoß zur Selbstheilung durch Harmonisierung disharmonischer Frequenzen im Gehirn und damit auch in der Psyche zu sein.

David Luczyn ist Autor von "Magisch Reisen Deutschland" (Goldmann, 10. Auflage) und schrieb für verschiedene Fachzeitschriften. Seit1998 arbeitet er als Coach und Paartherapeut in Frankfurt:

www.paarcoaching-frankfurt.de

www.coaching-frankfurt.de

zurück zum > Textarchiv

10 000 Zeichen